It’s a… watch! – 9 Dinge, die ich an der Apple Watch mag
Pünktlich am 24. April klingelte der Postmann und brachte das neueste Gadget aus dem Hause Apple: Die Apple Watch. Das – laut Apple – persönlichste Produkt aus Cupertino. Folgert man aus der rasanten Geschwindigkeit mit der am 10. April die einzelnen Modelle ausverkauft waren, ist es möglicherweise nicht nur das persönlichste, sondern auch das (bei Verkaufsstart) begehrteste Produkt.((Da Apple bislang keine Verkaufszahlen veröffentlicht hat, eine reine Spekulation.))
Umso größer war daher die Spannung und die Freude tatsächlich unter den ersten eine Apple Watch zu bekommen. Nachdem die erste (Auspack-) Euphorie verflogen ist, Zeit ein erstes – persönliches – Fazit zu ziehen. Trifft die Apple Watch meine Erwartungen? Ist sie wirklich das revolutionäre Produkt, wie uns Apple und die vielen ersten Reviews glauben lassen? Oder ist es ein (bis zu 17.000,- Euro) teures Beta-Produkt mit mangelnder Akkuleistung?
1. Apple typische Verarbeitung & Haptik
Seit Jahrzehnten staffelt Apple seine Produkte regelmäßig in drei Preissegmente: good/better/best. War mit der Preissteigerung bislang meist eine höhere technische Performance (schnellere Prozessoren, mehr Speicherplatz, größeres Display, etc.) verbunden, findet man die Preisstaffel trotz der Vielzahl an Armbandoptionen auch bei der Apple Watch. Zum ersten Mal in der Geschichte Apples sind die Preissprünge besonders groß obwohl die technischen Spezifikationen über die Preissegmente gleich bleiben. Einziges Unterscheidungsmerkmal, die verwendeten Materialen: Aluminium, Edelstahl oder Gold.
Entsprechend unterscheidet sich auch die Verpackung der einzelnen Modelle. Hat Apple bei vergangenen iPod Modellen hier häufig auf einfachste Plastikverpackungen zurückgegriffen, kommt selbst die Apple Watch Sport in einer aufwändigen und hochwertigen Verpackung daher. Unboxing Fetischisten können auch hier ungetrübt die Apple Watch nach und nach aus den einzelnen Verpackungsschichten befreien.((Zählt man den Versandkarton mit, sind es insgesamt sechs: Versandkarton, Schutzfolie, Karton, Schutzfolie, Plastikcase, Schutzfolie))
Auch die Uhr selbst wird den Erwartungen gerecht. Die Verarbeitung ist hochwertig und selbst das „Plastikarmband“ ist weich und hat einen angenehmen Grip. Auch hier hat man sich offensichtlich bei der Wahl und Kombination der Materialien Gedanken gemacht.
Wie mir auch bereits mehrere Freunde bestätigt haben, trifft dies auch auf die weiteren Armbänder zu. Das Milanese Loop Band ist zwar aus Metall, wer aber eine schwere Uhr erwartet wird überrascht, da das Armband filigran und leicht ist. Ähnlich soll auch das Lederarmband einen anderes Kontaktgefühl vermitteln als man es von sonstigen Lederarmbändern kennt.
2. Die Digital Crown ist das natürlichste und selbstverständliche Bedienelement überhaupt
Ein Wort zur Digital Crown: Fantastisch! Mit der Digital Crown wird das scrollen einfach und auf einer ganz natürlichen Weise umgesetzt. Ist man anfangs versucht auf dem kleinen Bildschirm mit dem Finger zu scrollen und so den Inhalt zu verdecken, entpuppt sich die Digital Crown als fein abgestimmtes präzises Eingabegerät.
Die Digital Crown lässt sich drehen und drücken. Damit werden klassische Arbeitsweisen von Uhrenkronen übernommen, die allerdings hier eine viel weitreichendere Wirkung haben. Der Druck auf die Digital Crown ist meist mit einem „zurück“ verknüpft. Wobei der Druck nicht zwangsläufig zurück zum Ziffern Blatt führt. Was anfangs vielleicht noch etwas verwirrend erscheint, hat John Gruber hier zutreffend zusammengefasst.
3. Notifications – Taps gone wild
Wer neben einem iPhone auch ein iPad und einen Mac besitzt, kennt das Problem: Kommt eine Mail oder SMS fangen alle drei Geräte mehr oder weniger gleichzeitig an, den Nutzer zu benachrichtigen. Der Grund ist einfach, da die Geräte nicht wissen, welches gerade in der Nähe geschweige denn genutzt wird. Anders ist es mit der Apple Watch. Durch die direkte Koppelung mit einem iPhone, weiß das Ökosystem aus Apple Watch und iPhone sehr genau ob und welches der beiden Geräte aktiv genutzt wird. Entsprechend werden die Notifications auch nur an dem aktiven Gerät ausgegeben. Ist keins aktiv, erfolgt die Benachrichtigung über die Apple Watch. Je nach Einstellung mit einem Ton und/oder einem dezenten Tap am Arm.
Das Taptic Engine macht dabei eine beeindruckende Arbeit, denn anders als das störende und laute Vibrieren des iPhones ist der Tap der Apple Watch dezent und stört regelmäßig nicht. Was nicht heißt, dass in der einen oder anderen Situation auch das ständige „Getappe“ am Arm auf die Nerven gehen kann. In dem Fall kann man aber die Watch ausziehen oder einfach in den Sleep-Modus schicken.
4. Die Apple Watch ist kein iPhone-Ersatz
In den letzten Tagen und Wochen ist viel über die Apple Watch geschrieben worden. Über das was sie ganz besonders gut oder furchtbar schlecht macht. An dieser Stelle bewahrheitet sich meines Erachtens Apples Aussage, dass es sich um das „persönlichste“ Produkt handelt. Denn anders als beim iPod oder iPhone sind bei der ersten Use Cases vielschichtiger und individueller. Der iPod war für alle ein besserer mp3 Player und das iPhone war schon immer ein besseres Smartphone. Der Usecase war klar und eindeutig. Dies ist bei der Apple Watch anders. Die Apple Watch vereint viele Funktionen in sich, ist jedoch ohne iPhone im näheren Umkreis auf wenige Funktionen beschränkt.
Wer allerdings die Apple Watch als iPhone-Ersatz sieht, hat das (derzeitige) Konzept der Watch nicht verstanden. Sie ist kein iPhone-Ersatz. Viel mehr eine Ergänzung oder Erweiterung um eine einfachere Kommunikation zu ermöglichen und weitere Nutzungsmöglichkeiten zu ermöglichen. All diese Nutzungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Aktivitäts- und Pulsmessung der Watch.
Wer die Apple Watch für sportliche Aktivitäten nutzen will, kann dies auch ohne iPhone tun. Sowohl die Schritt- als auch Pulsmessung als auch eine (kurze) Playlist lassen sich auf der Uhr ohne gekoppeltes iPhone nutzen. Wer hingegen beim Outdoorsport gleichzeitig seinen zurückgelegten Weg mittels GPS tracken will, ist hingegen wieder auf das iPhone in der Tasche angewiesen.
5. Reduziert auf das Wesentliche
In einer Zeit, in der es zur neuen Volkskrankheit gehört jederzeit auf das Handy zu schauen, wenn es auch nur den kleinsten Mucks von sich gibt oder man einfach nur aus Langeweile zum Handy greift und anfängt darauf rumzudaddeln ist die Apple Watch eine Wohltuende Abwechslung. Sie unterdrückt den Reflex nicht nur die Benachrichtigung zu lesen, sondern gleichzeitig auch noch proaktiv im Netz zu surfen, den Facebook Status zu aktualisieren, die neuesten Twitter Meldungen zu lesen etc.
Bekommt man eine Notification schaut man (jetzt oder später) kurz drauf und das war’s. Die Ablenkung dauert in der Regel nur wenige Sekunden. Ein echter Zeitgewinn.
6. Akkulaufzeit – Das nicht vorhandene Problem
Bei der Veröffentlichung der Apple Watch war das Gelächter und die Häme groß, dass der Akku scheinbar keinen ganzen Tag aushält. Nach einem Monat mit der Apple Watch musste ich allerdings feststellen, die Laufzeit des Akkus der Apple Watch ist im täglichen Einsatz kein Problem. Der Akku hält. Durchaus auch mal mehr als einen Tag. Abhängig von der Nutzung.
Durch die ständige Bluetooth-Verbindung mit dem iPhone kann es allerdings zu einer kürzeren Akkulaufzeit beim iPhone führen. Dies scheint wohl insbesondere dann der Fall zu sein, wenn die Apple Watch viel auf die Ortungsdienste des iPhones zurückgreift und auch die Netzabdeckung nicht so ideal ist.
7. Fitness Tracking
Die Apple Watch ist sicher nicht das erste Wearable, das den Puls misst oder die Schritte zählt, aber durch die Kombination mit der Integration mit dem iPhone erspart es ein weiteres Device bzw. bietet einen erheblichen Mehrwert, wenn man eben auch während seiner nicht sportlichen Aktivitäten seine Fitness trackt. Wer wird abends auf der Couch und das Bier leer ist, nicht gerne dran erinnert, dass es Zeit ist aufzustehen und sich (zum Kühlschrank) zu bewegen.
Lässt man den Spott beiseite, ist es gerade für Bürohengste eine gute Gelegenheit mal zu überprüfen, wie aktiv man in seinem normalen Alltag in Wirklichkeit (nicht) ist. Ist man nicht gerade der sportlichste, ist die Apple Watch sicher eine gute Motivation um (wieder) aktiver zu werden.
8. Passbook (& Apple Pay)
Das Flugticket auf dem Handy ist ein alter Hut. Das Flugticket am Handgelenk hat bei meiner letzten Flugreise an einem kleineren internationalen Flughafen für Begeisterung beim Bodenpersonal gesorgt und bei einem kleinen Regionalflughafen für einen Ausnahmezustand vom Check-In über das Sicherheitspersonal bis zum Boarding.
Das Boarding war nie leichter als mit einem Flugticket auf der Apple Watch. Zwar braucht es etwas Routine bis das Ticket so dargestellt wird, dass man auch das Handgelenk umdrehen kann um die Uhr auf den Scanner zu halten, ohne das die Watch sich automatisch wieder abschaltet. Hat man den Kniff einmal raus, braucht man nicht umständlich das iPhone aus der Tasche friemeln und sein Handgepäck abstellen/sortieren, sondern kann kurz knapp die Hand über das Lesegerät halten und einchecken/boarden.
Ähnlich einfach dürfte in den USA das Bezahlen mit Apple Pay laufen. Mit einem Doppelklick auf die Seitentaste aktiviert und schon wird die Zahlung ausgelöst. Sollte dieses Feature in Deutschland endlich kommen, wird bargeldloses Zahlen einfach (und sicher).
9. Wahrnehmung
Die Apple Watch ist und bleibt eine Uhr und wird daher auch (meist) nur als solches wahrgenommen. Dies sollte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass es ihr Gegenüber am Tisch merken wird, wenn Sie längere Zeit auf die Uhr schauen. Der Höflichkeitsgrad dürfte dabei noch niedriger sein als der ständige Blick aufs Handy, signalisiert man dem Gegenüber doch, dass man permanent auf die Uhr schaut.
Durch die hohe Anpassbarkeit mit Armbändern und Ziffernblätter lässt sich die Apple Watch dem jeweiligen Anlass anpassen. Sei es sportlich modern oder klassisch (elegant?). Das ganze dann noch gepaart mit einer farblichen Abstimmung. Wenn man will…
Fazit
Wer ein revolutionäres, weltbewegendes Produkt erwartet hat, wird nach den ersten Stunden und Tagen eine Ernüchterung erleben. Die Apple Watch ist und bleibt… eine Uhr. Es ist keine „groundbreaking“ oder „amazing“ Revolution, wie sie Steve Jobs bei iPod oder iPhone verkündet hat. Die Apple Watch macht allerdings vieles richtig und stellt sich dabei als Revolution im Kleinen, Alltäglichen heraus. Insoweit muss man Apple zustimmen, dass die Apple Watch wohl das persönlichste Device aus Cupertino ist, denn der Erfolg hängt vom persönlichen Einsatz ab.
4 Kommentare
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@mediengerecht Bei vollem Respekt für den Spaß am Gadget, aber das ist keine Uhr ;) Das ist eine Uhr –> http://t.co/MxHFPKORmL
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Medien gerecht: It’s a… watch! – 9 Dinge, die ich an der Apple Watch mag: Pünktlich am 24. Apri… http://t.co/2nII72d1J7 #Medien #Recht
@mediengerecht Sie haben mich fast überzeugt ;)