Ist die Gnu Public Licence überhaupt noch zeitgemäß?
Unter Softwareentwicklern flammt eine alte Diskussion erneut auf, ist die Gnu Public License (GPL) überhaupt zeitgemäß und richtige Lizenz für freie Softwareprojekte? Den Stein des Anstoßes hat Daniel Jalkut mit seinem Artikel „Getting pretty lonely“ ins Rollen gebracht.
Jalkuts Beobachtungen und Fazit sind nicht neu, doch stellen für die einen so etwas wie Gotteslästerung dar. Jalkuts Problem mit der GPL (und das vieler anderer Software-Entwickler, wie ich selbst schon häufig genug hören durfte) ist das Copyleft der GPL. Das Copyleft der GPL wird häufig (auch von Seiten der Free Software Foundation, die die GPL entwickelt) als „Virus“ bezeichnet. Für Jalkut dürfte der Begriff absolut treffend gewählt sein, handelt es sich doch bei einem Virus in der Regel um eine Krankheit und somit einen negativ belegten Begriff.
Das Copyleft der GPL-Lizenz sorgt dafür, dass jede Weiterentwicklung, Ergänzung oder Veränderung eines Softwarecodes der unter GPL lizenziert wurde, abermals unter der GPL lizensiert werden muss um sicherzustellen, dass die Software nicht durch minimale Veränderungen unter einer anderen (womöglich kommerziellen) Lizenz veröffentlicht werden kann. Das Copyleft ist insbesondere dann störend, wenn Unternehmen in umfangreiche Softwarelösungen ein winziges Bauteil einprogrammieren, das welches unter der GPL lizensiert ist. Sofern diese Software weiterverteilt werden soll (also nicht nur für den eigenen Gebrauch verwendet wird) muss sie dann, „dank“ Copyleft unter der GPL weiterverbreitet werden und die Wertschöpfung aus der umfangreichen Entwicklungsarbeit ist für das Unternehmen gleich Null.
Die Free Software Foundation rühmt sich auf ihrer Website damit, dass sie seit Jahren für „essentielle Freiheiten“ der Computer User kämpfen. Doch genau das wird in der aktuellen Diskussion in Frage gestellt. Wer für Programme entwickelt oder solche verwendet die mit der GPL lizensiert sind, der ist nicht frei, so Jalkuts Vorwurf. Er ist auf immer und ewig an die GPL gebunden. Jalkuts These, dies schreckt eine Mehrheit von Entwicklern ab, die eben keine Glaubensfanatiker sind und alles unter der „freien“ GPL lizensiert sehen wollen, sondern die sowohl für kommerzielle als auch freie Entwicklungen offen sind. Matt Mullenweg, der Erfinder/Hauptentwickler des Blogsystems WordPress, hält in der idealistischen Sichtweise der GPL dagegen: WordPress ist eine gigantische Community, die sich prächtig entwickelt dank der GPL, die so die Freiheiten der Nutzer garantiert.
Wie der Entwickler und Blogger John Gruber richtig feststellt, reden die beiden aneinander vorbei. Der eine spricht von der Freiheit der Entwickler, der andere von der Freiheit der Nutzer. Die GPL ist an sich kein Teufelszeug. Das behauptet Jalkut allerdings auch nicht. Aber sie ist bei weitem nicht der heilbringende Gral für den sie die FSF und auch Mullenweg halten. Allerdings liegt darin gleichermaßen der Erfolg und Nachteil der GPL:
- Die GPL ist Endnutzer freundlich. Der Endnutzer kann ohne Lizenzgebühren die Software verwenden und nach seinen Wünschen anpassen. Das garantiert unter GPL lizensierter Software eine große Verbreitung (siehe allein WordPress und Linux) aber auch eine große Community, die diese Softwareprodukte weiterentwickeln, vieles darunter aber sicherlich auch halbwegs talentierte Freizeitcoder.
- Die GPL ist Entwickler unfreundlich. Für einen Software-Entwickler ist die GPL kein Synonym für Freiheit. In der Realtität hat die GPL mehr etwas von einer Zwangsjacke. Wer sich als Softwareentwickler auf die GPL einlässt, in dem er etwa Zusatzmodule für ein bestimmtes GPL-Softwareprodukt wie WordPress entwickelt, der wird etwa dieses Modul nicht angepasst auf ein andere Plattform nicht kommerziell vertreiben dürfen. Er muss das gleiche Produkt von der Pike auf neu entwickeln, um einer GPL Verletzung zu entgehen.
Das ganze ist allerdings keine Frage, für oder gegen OpenSource Software. OpenSource besteht nicht alleine aus der GPL-Lizenz, auch wenn das von der Free Software Foundation gerne mit Vehemenz vertreten wird. Daneben gibt es etwa die weitaus älteren OpenSource Lizenzen, wie die MIT oder BSD Lizenz. Auch hierbei handelt es sich um OpenSource Lizenzen und ebenfalls sehr erfolgreiche OpenSource-Programme verwenden diese Lizenzen, etwa FreeBSD oder Webkit um nur zwei beispiele zu nennen. Der Vorteil dieser Lizenzen ist allerdings, dass sie kein Copyleft besitzen und wenn der Entwickler oder ein Unternehmen will, kann es diese Softwareprodukte für eigene kommerzielle Produkte verwenden. Dank dieser Lizenzen muss man sich der Entwicklung von Mac OS X und Browsern wie Safari oder Google Chrome erfreuen.
Beide freien Plattformen haben auch durch die kommerzielle Weiterentwicklung seitens Apple profitiert. Die Befürchtung etwa der Free Software Foundation, dass die entsprechenden Programme damit völlig absorbiert werden und eigentlich der OpenSource Gemeinde nicht mehr zur Weiterentwicklung zur Verfügung stehen, haben sich nicht bewahrheitet. Die GPL hat mit dem Copyleft ein Schutzschild gegen das Ausplündern der OpenSource Software durch große Softwarekonzerne wie etwa Microsoft im Sinn gehabt. Entwickler für entsprechende Programme konnten sich sicher sein, dass ihre Software auf immer und ewig frei und kostenlos weiterverteilt werden kann.
Doch Mac OS X zeigt, dass der Softwaremarkt nicht nur aus Raubrittertum besteht und freie und kommerzielle Software sehr wohl nebeneinander existieren können und so sogar den Softwaremarkt beleben können durch ein Maximum an Flexibilität. Das Copyleft der GPL mag für den Aufbau einer Softwareplattform sehr hilfreich sein, aber auf Dauer, dürfte es die Entwicklung und Verwendung hemmen. Die GPL ist daher kein Garant echter Freiheit, da sie jegliche Flexibilität untersagt. Wer Freiheit für sein Softwareprodukt will, der sollte auf eine BSD-artige Lizenz zurückgreifen, auch wenn dies ein steinigerer und langsamerer Weg ist. Die Entwicklung ist damit jedenfalls genauso dauerhaft frei, wie bei der Lizenzsierung unter der GPL und kann von jedem verwendet werden, auch wenn andere durch geschickte Weiterentwicklungen damit kommerziell erfolgreich werden.
4 Kommentare
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Hallo Laurent! Es wäre genial, wenn Du diesen Beitrag auf auf Englisch verfassen könntest!
Das ist doch bullshit, was da unter Nr. 2 oben steht. Natürlich kann ich als Entwickler das WordPress-Plugin, das ich entwickelt haben, auch nebenbei kommerziell closed-source in einer Version für eine andere Plattform vertreiben. Es sei denn natürlich, ich hätte es gar nicht (alleine) geschrieben.
Niemand kann die GPL verletzen, wenn er seine eigene Leistung cross-lizenziert.
MacOS X mit seinem Hardware-Bundling ist nun auch wirklich nicht der Inbegriff von „Freiheit“.
Die FSF besteht nicht immer „vehement“ auf die GPL. Die WTFPL wurde auch als OS-Lizenz akzeptiert, obwohl ich meine Weiterentwicklungen kommerziell vertreiben könnte. ;-)
Das schaut tricky aus:
„Alle abgeleiteten Programme eines unter der GPL stehenden Werkes dürfen von Lizenznehmern nur dann verbreitet werden, wenn sie von diesen ebenfalls zu den Bedingungen der GPL lizenziert werden. Dies betrifft nur Lizenznehmer, nicht die Inhaber der Rechte.“ siehe http://www.gnu.org/copyleft/gpl.html
„Bei der Verbreitung von Software unter eine Open Source Lizenz vergibt der Urheber aber dauerhaft seine urheberrechtlichen Vermögensbestandsteile an dieser Software. Hierin ist der eigentliche Verlust des Vermögens zu sehen.“ Spindler, Rechtsfragen bei Open Source, Köln 2004
Vom Bauch her: wenn jemand etwas verschenken will, tut er das aus freiem Herzen und ohne Aussicht auf späteren Gewinn … oder
„Sicherheitsvorkehrungen kehren Unsicherheit hervor.” Wolfram Weidner (*1925), dt. Journalist